The Phantoms World
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 Das Haus von nebenan...

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Phantom
Engel der Muse
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Das Haus von nebenan... Empty
BeitragThema: Das Haus von nebenan...   Das Haus von nebenan... Icon_minitime1Fr März 12, 2010 7:55 pm

~Hierbei handelt es sich um eine Fanfiction, die ich zum Thema "Phantom der Oper" zur Zeit verfasse. Es geht um die junge musikfanatische Aura, die in dem kleinen Dorf Boscherville aufwächst, wohlbehütet und verwöhnt. Doch ein böses Schicksal verfolgt sie seit ihrer Geburt... Das Haus von nebenan... und die Schreckensgeschichten die sich darin ereigneten! Die Menschen sagen nämlich, dass ein Monster einst dieses Haus bewohnte. Beinahe panisch versucht ihre Mutter sie von dem Hause fern zu halten und schickt sie daher sobald das Mädchen 14 wird zu ihrer Großtante nach Italien... unwissend, dass der Ziehvater des Monsters dort schon wartet um sie mit Faszinationen und Visionen zu füllen... Giovanni ist der Tropfen, welcher das Fass von Auras Neugier überlaufen lässt... doch es ist sowieso schon viel zu lange zu spät, um dem Unvermeidlichen aus dem Weg zu gehen... denn das Monster kennt bereits ihr unschuldiges Gesicht~ (kommentare erwünscht ^^)


Kapitel 1
Ich kann mich noch erinnern, wie entsetzt ich war, damals, als sie es mir erzählte... als sie mir erzählte, was sich im Haus nebenan zugetragen hatte... Ich war damals noch jung gewesen, aber nicht naiv... ich hatte gewusst, dass all das nur die halbe Wahrheit sein konnte... Doch das Ausmaß des Unheils wurde mir erst später bewusst...
Das, was sich zutrug hat mein Leben für immer verändert. Von ihrem ersten Wort an schlug mein Herz in einem anderen Rythmus, hatten mein Dasein einen anderen Zweck bekommen! An dem Tag, als meine Mutter mir von dem Haus nebenan erzählte...
Wie ein frischer Rotweinfleck leuchtet sein Schicksal auf dem weißen Tuch meiner Unschuld! Nie mehr wird dieser Fleck verblassen, nie mehr wird meine Schuld verbüßt, mein Gewissen rein sein! Tausend zarte Wassertropfen können nicht verdecken, was da klafft und strahlt so hell aus meiner Seele, dass es mich erschüttert und innerlich zerreißt... Tausend kleine Wassertropfen können den Fleck zartrose werden lassen... Aber er wird bleiben, ob nun rot strahlend oder blass schimmernd...
Doch ich schweife ab... was ich euch erzählen will ist, was damals im Hause nebenan geschah, was ich weiß, von den Einwohnern meines kleinen Dorfes und von meiner verlogenen Mutter... und was mir das Haus selbst erzählte... Aber hauptsächlich will ich euch meine Geschichte erzählen... ich will euch zeigen, wie schuldig und sündig mein kleines Herz in SEINER Anwesenheit wurde, wie unmenschlich ich manchmal war, obwohl ich doch immer hatte anders sein wollen... Ich hatte immer Herzen heilen wollen... aber ich glaube ich habe das wertvollste Herz dieser eisigen Welt zerbrochen... in tausende scharfe Scherben, die nun in meinen Mörderhänden feststecken und mit mir verschmelzen, mich bluten lassen, Tag für Tag, Nacht für Nacht, wenn ich mich in seine Arme wünsche... in die Arme, die ich gelähmt habe...
Es begann im Winter... im kalten, trostlosen Winter, den ich damals liebte, wie meinen Angetrauten... ich hatte mich mit dem Winter verlobt und er hatte mir zum Dank die schönsten Eisblumen auf mein Fenster gemalt, zarte Schneeflocken auf meine blasse Haut gelegt und mich tröstend zugedeckt mit Frost und Eis... damals... als ich in meinem tristen Leben nichts sah außer langweiliges und bedrängendes Grau... damals... er hat mich gar all zu oft aufgefangen, mit seinen starken, mich erdrückenden Händen...Und an dem Nachmittag, als es begann, da wollten wir uns ein Haus suchen... mein Gatte Winter und ich, ein 13jähriges Mädchen, trostlos, gelangweilt von der Welt. Ich hatte ihn mir damals oft vorgestellt, den Winter, wie er aussehen würde, als Mensch... und irgendwann da hatte ich sein Bild vor meinem Auge immer wenn ich zu ihm sprach... das schulterlange weiße Haar, bedeckt mit Eiskristallen... die gläsernen blauen Augen, leuchtend, das Licht reflektierend, wie der kalte, kosende Schnee... groß war er... damit er mich auch schützen konnte... schützen vor der Langeweile, vor der Finsternis in mir...
Ich hatte ihn erfunden... er war mein eigenes Hirngespinst... und ich wusste es! Aber ich verdrängte es... er war alles, was mein leben halbwegs spannend und interessant machte... er war mein Begleiter durch die nicht endenden Unterrichtsstunden am Vormittag... Den Stunden, die meine Mutter mir aufzwang... reichlich bezahlte sie die Privatlehrer... denn ihr Goldschatz sollte unter besten Umständen aufwachsen! Sie sah nicht, dass es mich langweilte... dass es mir Angst machte!
All jene ewig andauernden Stunden Biologie, Physik, Mathematik, Geometrie, Chemie... Für mich war Wissen nichts als Gift! Ich konnte lesen und schreiben, das reichte für MEINE Zwecke... Wissen über den Menschlichen Körper... Lehre über Religion... Theorien über Schwerkraft... es war mir zu real! All das zerstörte meine Träume! Je mehr ich wusste, desto mehr leidete ich... weil ich begriff, dass das Unmögliche nicht möglich war...
Kein Lehrer brachte mir bei, was ich wissen wollte... keiner lehrte mich sie ich einer Violine sanfte Klänge entlockte, keiner zeigte mir, wie ich die Saiten eines Pianos zum tanzen brachte als wären es fröhliche Tänzerinnen, keiner brachte mir bei, Menschen mit meiner Stimme zum Weinen zu bringen... Niemand half mir Arien komponieren, keine Menschenseele interessierte sich für meine Poesie... Noch nicht... Doch darauf will ich später zurückkommen...
Mein Gatte Winter und ich hatten uns also kürzlich verlobt und suchten nun nach einem Haus (ich wollte nur einen Platz, an dem ich allein sein kann... an dem mich niemand finden... das "Haus" hätte meinetwegen auch eine kleine Höhle oder eine Ruine sein können)... Und während er meine zitternde Hand mit seiner eiskalten festhielt lief ich den kleinen Bürgersteig entlang und sah mich um... Eigentlich hatte ich in den Wald gehen wollen... dort gab es genug stille Plätze zum Träumen... doch irgendetwas hatte mich damals zu dem alten Nachbarhaus hingezogen...
Ich hatte nie jemanden darin gesehen, kein Licht hatte gebrannt, nichtmal eine Kerze... Meine Mutter warnte mich beinahe täglich vor diesem Gebäude... Man erzählte sich in meinem Dorfe, das da Boscherville hieß, der Sohn des Teufels wäre darin aufgewachsen... Die Leute munkelten, dass jeder der jenes Satansschloss betrat dem Tod nichtmehr entkommen würde...
Und doch, jegliche Angst war an jenem Wintertag vergessen... denn etwas wartete da drin auf mich... etwas schönes... etwas... unmenschliches!
Ich löste meine kleine gebrechliche Hand aus der meines Bräutigams und schlich fasziniert um die Mauern des Hauses... An den Außenseiten wuchsen zahlreiche Efeuranken zum Dach hinauf... Im Sommer musste es wunderschön aussehen, wenn die zackigen Blätter aus ihren Keimen schossen und die grauen Wände in ein mildes Grün tauchten...
Glücklicher Weise musste meine Mutter lang arbeiten... Sie konnte nicht nachvollziehen, wann ich mich wo aufhielt... Sie hätte mich ausgepeitscht, hätte sie von jener kleinen "Excursion" erfahren...
In dem Moment, als ich um das zauberhafte Gebäude wandelte, meine Hand über die rauhen Backsteine gleiten lies und mir die zarte Haut dabei aufriss, als meine Augen die Fenster vergeblich nach einem Schatten, einem Lebewesen absuchten, das nach draußen sah, als meine Faszination für das Fremde, das Verbotene aufkeimte, wie eine leuchtende Sonnenblume, wusste ich noch nicht, was man unter dem Begriff "Monster" verstand...

Kapitel 2
Allein die Arme meines Mannes ließen mich damals von den steinernen Mauern wegtreten, hielten mich davon ab, die hölzerne Schwelle zu überschreiten und meine Sucht nach Wissen über das Fremde und Verbotene zu befriedigen. Seine Arme, die sich streichelnd um mich legten... die mir Kälte in jede Pore meiner Schulter trieben... und seine Lippen, die die meinen küssten, frostig und schmerzlich süß, bis sie blau wurden... Er erinnerte mich daran, dass ich vor lauter Tagträumerei meinen Umhang zuhaus vergessen hatte und nun entsätzlich unter seiner Anwesenheit zitterte... Und er rettete meine kleine Seele... wenn auch nur für weitere 2 Wochen...
Als ich mein Elternhaus betrat und im Vorsaal zu dem goldbraunen Kleiderständer hinüber sah, konnte ich meinen schwarzes Kleidungsstück nicht entdecken. Verärgert begann ich zwischen den tausenden Pelzen meiner Mutter zu wühlen... ich tat das mit angewiedert verzerrtem Gesicht und indem ich lediglich meine Fingerspitzen benutzte, um die Tierfelljacken beiseite zu räumen... Meine Mutter wusste, dass ich ihre Leidenschaft für tote Seelchen geradezu missbilligte... nur weil sie Geld hatte, hatte sie nicht das Recht, armen wehrlosen Füchsen oder Mardern das Leben zu nehmen, nur damit sie im Winter nicht erfror! Sie meinte auf solche Anschuldigungen immer nur, dass die Tiere bereits tot gewesen wären, als sie den Mantel beim Schneider erworben hatte... Sie verstand eben nicht... Alles was sie wusste, beschränkte sich auf den kleinen Bereich der Naturwissenschaften... Sie war Katholikin und besuchte freilich jeden Sonntag die Messe (und schleppte mich natürlich mit, obwohl sie wusste, dass ich einige der Lehren, die mir dort nahe gebracht wurden gehörig gegen jegliche Moral gingen!) aber sie verfügte über keinerlei Einfühlungsvermögen und Verständnis gegenüber "minderen Lebensformen", wie sie Hund und Katz gelegentlich schimpfte... (Auch die Leute von nebenan, besonders den Sohn hatte sie im Nachhinein mir gegenüber oft als eben solche "minderen Lebensformen" bezeichnet... Sie sollte heute einmal sehen, was für ein winziges lächerliches Bakterium, welch unscheinbarer Einzeller sie neben IHM war...)
Als ich meinen Umhang auch nicht fand, nachdem ich sämtliche Mäntel meiner Mutter auf den Boden geworfen hatte, schlich ich depressiv und genervt in mein Zimmer, ohne den Pelzen, die ich eh am Liebsten in den Kamin geworfen hätte, nur einen Funken meiner weiteren Aufmerksamkeit zu schenken... Dass das olle Ding wie vom Erdboden verschwunden war störte mcih keineswegs... Ich würde mir eben am nächsten Morgen beim Schneider etwas schönen Stoff besorgen und mir einen neuen zusammennähen (ich machte das immer selber, da die Kleidungsstücke, die der Geschäftsmann anbot, nicht im geringsten meinen Vorstellungen entsprachen)... Meine Mutter würde es nichteinmal mitbekommen... Und ich würde es ihr nicht erzählen! Sie hätte mir glatt einen Nerz umgelegt! Alles was mich im Moment störte, was, dass ich meinen gedankenlosen Spaziergang jetzt nicht fortsetzen könnte...
Genervt schlug ich meine Zimmertür hinter mir zu und bewegte mich auf das Ebenholzregal, welches in der rechten Ecke meines Zimmers stand, zu. Beinahe fieberhaft ließ ich meine Fingerspitze über die tausenden Buchrücken streichen, welche mich von den Holzbrettern aus geradezu anlachten. Ich hatte sie alle mehr als einmal studiert, hatte mich zwischen ihren Zeilen verloren, die Worte gierig in mich aufgesogen, wie ein Vampir das Blut aus dem Halse seines Opfers. Nun suchte ich nach meinem absoluten Lieblingswerk... Romeo und Julia... Nur konnte ich es nicht finden! Abermals ging ich die Reihen von säuberlich aneinander gestellten Büchern durch, in der Hoffnung, es nur übersehen zu haben... Nach einem weiteren Misserfolg wandte ich mich zu meinem Nachttisch um. Vielleicht hatte ich es gestern Nacht ja nicht mehr aufgeräumt (was aber sonst üblich für mich war) sondern es aus Müdigkeit nur neben mein Bett gelegt. Doch ich kramte vergeblich zwischen den unzähligen Skizzenblöcken und Kerzen... Ich riss, nun beinahe panisch (und das wegen eines Buches...), die Schublade des Nachtschränkchens auf und durchwühlte die darin liegenden Zeichnungen, welche ich alle irgendwann angefertigt hatte, ohne Rücksicht auf Verluste! Nichts! Kein Romeo und Julia! Auch unter meinem Kopfkissen fand ich das in rotes Kunstleder geschlagene Buch nicht! es war nicht unter meinem Bett! Nicht hinter dem Vorhang! Nicht auf meinem Schreibtisch! Nicht in meinem Kleiderschrank! Nicht zwischen meiner Sammlung berocker Puppen! Nicht hinter den Masken an meiner Wand (wie hätte es auch dahin kommen sollen...?)... Es war unauffindbar!
Erschöpft setzte ich mich auf den kalten Parkettboden... Um mich herum: Chaos! In meinem Wahn des Suchens hatte ich mein Zimmer in ein einziges Schlachtfeld verwandelt! Ich vergrub mein Gesicht verzweifelt in meinen behandschuhten Händen und begann zu schluchtsen...

Abends hörte ich dann auf einmal, wie die Türklinke zum Eingangssaal heruntergedrückt wurde und meine Mutter das Haus betrat... Ich konnte ihre schweren und erschöpften Schritte deutlich wahrnehmen, als sie sich die Treppe hinauf schleppte... Sowohl durch meine Ohren, als auch durch die Vibration des Parkettbodens!
Ich hatte während meiner einsamen Stunden mein Zimmer wieder in Ordnung gebracht. Nichts wies nun auf das vorher da gewesene Chaos hin, nichts erinnerte an meinen verzweifelten Wutausbruch... Bis eben hatte ich über meinen Büchern gelegen, mir das Verdauungssystem des Menschen versucht einzuprägen (und mich dabei beinahe übergeben...) und die geometrischen Formeln zur Berechnung einer Kugel auswendig gelernt... Doch nun bewegten sich meine Füße wie jeden Abend um diese zeit Richtung Klavier... Ich liebte es, meiner Mutter den Eindruck zu vermitteln, ein faules und dickköpfiges Mädchen zu sein. Trotz dass ich nur mäßig spielte, tat ich es gern... Als ich ihre Schritte näher kommen hörte schlug ich eine schwarze Taste an und begann mein Menuett in A-moll. Ich konnte ihren Ärger förmlich durch die schwere Holztür spüren, wie sie glühte und dampfte vor Wut, dass ich mich schon wieder mit Musik und nicht mit Chemie auseinander setze! Doch wie es ihre Art war klopfte sie nur in lautem Ton an. Ich beendete mein Spiel ebenso schnell wie ich es begonnen hatte und bat sie herein.
Trotz dass sie recht erschöpft war und ein zwei Haarsträhnen wild und lose aus ihrer strammen Hochsteckfrisur hingen, sah sie nicht weniger galant und eindrucksvoll aus als sonst. Mein schlohweißes Haar hatte ich von ihr geerbt... Sie war eine hübsche Frau, jung und schlank, mit leuchtenden grünen Augen und meist einem Lächeln auf den zartrosa Lippen. Zu schade, dass Papa nur alle zwei Wochen nach Hause kam... Eine Frau von ihrem Niveau hatte mehr Aufmerksamkeit verdient, fand ich.
Als sie im Türrahmen stand, zwang sie sich, mich anzulächeln, auch wenn es ihr wie immer schwer fiel...
"Hallo mein Schatz, wie war dein Tag?", fragte sie mich mit bittersüßer, gespielt liebevoller Stimme.
"Solala", antwortete ich knapp und monoton. Ich hatte keine Lust mit ihr zu reden... Ich wollte ihr das nicht antun... Es was für sie immerwieder eine Qual mit mir zu sprechen... weil sich mein außergewöhnliches, nichtarisches, unchristliches Wesen in beinahe jedem meiner Sätze wiederspiegelte... manchmal, sagte sie oft, glaubte sie, die Hebamme hätte ihr Kind damals mit dem einer Zigeunerin vertauscht...
Doch jeder Mensch, der mich und sie auf der Straße sah, wusste sofort, dass wir ein Fleisch und Blut waren... Selbst wenn ich 50 meter von ihr entfernt ging... Sie und ich stachen immer aus der Masse. Wir sahen beinahe aus wie Zwillinge... lediglich ihre Sorgenfalten und mein monotoner, desinteressierter Blick störten das heile Bild...
Mama legte ihr Bündel, in welches sie die kostbaren Kräuter und Gewürze aus Afrika, Indien und weiß der Geier woher aufbewahrte. Sie verkaufte diese täglich auf dem Markt, um neben dem reichlichen Einkommen meines begabten Vaters noch etwas Geld in die Haushaltskasse zu bringen.
"Solala, hm?", sprach sie und das Lächeln auf ihren Lippen ebbte ab.
"Langweilig eben...", ergänzte ich, während ich mit den Fingern ein paar Tonleitern klimperte.
Noch prallte mein provokatives Verhalten an ihrer eisernen Ignoranz ab... Noch! "Langweilig? Hast du denn wenigstens all deine Schularbeiten erledigt?" "Ja", log ich... In Wirklichkeit hatte ich noch meine Russischvokabeln zu lernen und einen Aufsatz über physikalische Persönlichkeiten zu schreiben.
Meine Mutter nickte geduldig. Zufrieden setzte sie ihre Maske aus Freundlichkeit wieder auf und lächelte mich krampfhaft an... Jeder andere hätte ihren Schwindel nicht bemerkt... Ich schon...! Ich sah genau, wie sich jeder einzelne Muskel in ihrem hübschen Gesicht verspannte...
"Ich rufe dich dann zum Abendessen! Es wird noch eine halbe Stunde dauern... Nur dass du mir dann nicht wieder vorwirfst, ich hätte dich mitten in einem spannenden Kapitel deines Buches unterbrochen!", mahnte sie, während sie mir den Rücken zuwand und aus der Tür gehen wollte.
"Das wird nicht vorkommen, Mutter", fügte ich, sie etwas giftig und verdächtigend ansehend, hinzu, "denn seltsamer Weise ist mein Buch wie vom Erdboden verschluckt..."
Ohne sich zu mir umzuwenden sprach sie wie nebenbei: "Falls du andeuten willst, dass ich es versteckt habe, so irrst du!" Sie ließ die Tür langsam ins Schloss fallen und ich hörte ihre Absätze die Treppe hinunter klappern.
Ich glaubte ihr... wieso sollte ich auch nicht... Ich fragte mich nur, wo mein armer roter Buchstabenschatz abgeblieben war... Wahrscheinlich war er da, wo mein Umhang auch war... Ich seufzte traurig und machte mich auf den Weg zum Abendessen...
Die Hand, die eine meiner Porzellanpuppen entwendete, konnte ich schon nicht mehr sehen...

Kapitel 3
Nach dem Abendessen hatte mich meine Mutter nach oben geschickt, um etwas elegantes anzuziehen, da Tante Eliza uns an diesem Abend noch besuchen wollte.
Also stand ich nun leicht ratlos und genervt vor meinem geöffneten Kleiderschrank. Ich hasste meine Großtante... sie war ebenso eine herzlose Tiermörderin wie Mama! Als ich, mit jenem hasserfüllten Gedanken im Hinterkopf, meine Augen über die fein säuberlich auf Bügeln hängenden Kleider wandern ließ, fiel mir eines besonders ins Auge... Ich nahm es vorsichtig aus dem Schrank - und ein zynisches Grinsen zierte meine blassen Wangen! Es war gerdezu perfekt für diesen Anlass! Neben Großtante Elizas hässlicher, zerfurchter und überschminkter Visage würde es den best möglichen Eindruck machen - einen noch schlimmeren! Ich wollte, dass sie meine gesamte Abneigung zu spüren bekam!
Ich schmeckte das süße Gift meiner Worte schon förmlich, spürte das befriedigende Stechen von sarkastischen, ruhmgenährten Worten tief in meinem Hals! "This is Halloween...", flüsterte ich mit hinterlistigem Grinsen in den leeren Raum (der auch in diesem Moment nicht ganz so leer war, wie ich vermutete...), hängte mir das Kleid über den Unterarm und ging damit in das nebenliegende Umkleidezimmer.
Als ich es eine viertel Stunde später wieder verließ und mich vor meinem Wandspiegel triumphierend aufbaute, war ich von meinemWerk mehr als begeistert! Um meine schlanke Hüfte legte sich glatt und glänzend der Saitanstoff meines schwarzen Halloween-kleides vom Frühjahr. Nicht nur, dass es außergewühnlich kurz war, nein, es hatte zusem nur einen festgenähten Ärmel! Den zweiten hatte ich mit, wie eine Armstulpe über den bloßen Arm gestreift, so dass er tiefer hing, als sein Zwilling und meine Schulter großzügig freigab. Der schwarze Stoff war mit teils zerissener Spitze versehen und an einigen Stellen auch absichtlich durchlöchert. Das ganze reizte ich noch aus, indem ich ein schwarzes Unterbrustfest um meine Taille schnürte, schwarze Spitzenhandschuhe über meine Fingerspitzen zog und grobmaschige Netzstrümpfe an meinen, unter dem kurzen Rock hervorblitzenden, Strumpfhaltern befestigte. Mein weißes Haar machte das Kostüm perfekt. Im matten Schein der Kerzen sah es schon beinahe madig und grausig aus und ich entschied, den Schein noch zu verbessern, indem ich mir einige Strähnen wild durcheinander tupierte. Hätte mir nun noch jemand etwas Laub über den Kopf gesträubt wäre ich wohl die Waldhexe von Boscherville persönlich gewesen!
Ich wollte mich gerade vom Spiegel abwenden, um die restliche Zeit bis zu Tante Elizas Eintreffen mit etwas Klavierspiel totzuschlagen, da stolperte ich auf einmal über ein kleines Döschen, das auf dem Boden lag. Ich landete hart und unsanft auf dem dunklen Parkett, fluchte leise vor mich hin, ehe ich mich wieder aufrappelte, das Döschen nahm und vor Wut in die nächste Zimmerecke werfen wollte - doch dann fiel mir das Etikett auf... und ich stockte... Ich drehte das Cremefarbene Behälterchen zwischen den Fingerspitzen hin und her, besah es lang und mehrmals, um genau sicher zu gehen, dass es das war, als das ich es erkannte! Theaterschminke... blaue Theaterschminke! Und während ich mir noch überlegte, wie teuer dieses Kosmetikdöschen gewesen sein musste, zwängte sich mir die seltsame Frage auf, wo ich es denn her hatte... Ich vergaß oft Dinge... wenn sie unwichtig waren... Aber an den Kauf eines SOLCHEN Gegenstandes müsste ich mich doch erinnern können... Oder nicht? Immerhin war dieses Make-up seinen Preis wert...
Vielleicht, überlegte ich, hatte mein Vater es vor ein paar Tagen hier vergessen... Mein werter Papa war viel beschäftigter Bühnendarsteller... ich konnte mir vorstellen, dass er so etwas besaß! Aber hätte ich es dann nicht schon viel früher finden müssen?
Trotz meiner vielen Fragen und der unzähligen Ungereimtheiten zwang mich meine angeborene Neugierde, das Schächtelchen zu öffnen. Wie in Trance tauchte ich meine Fingerspitze in das weiche, azurblaue Puder... Es glänzte hell und kalt wie der Winterhimmel... Ohne weiter darüber nachzudenken, wandte ich mich wieder meinem Spiegel zu und trug das feine Pulver auf meine feuchten Lippen auf, wo es mit der Membran meines roten Mundes verschmolz und die blutige, natürliche Farbe mit einer Maske von Blau überzuckerte. In jenem Moment faszinierte mich mein eigener Anblick im Spiegel gar zu sehr, dass ich mich lang ansah und in meinen eigenen Augen versank... weil das da hinter dem Glase nicht mehr ich war... es war eine wunderschöne, schwarze, verfluchte Elfe, die ihren Weg vom Nordpol hinunter in die kleinen Täler Frankreichs gesucht und gefunden hatte... Ich fühlte mich, wie auf meiner Hochzeit... die Hochzeit mit meinem frostigen Gatten Winter... wie aus Reflex fasste ich mit der Hand ins Leere um nach der seinen zu suchen (natürlich ohne sie zu finden)! Gebannt von meinem Abbild im Spiegel, wandte ich mich zu meinem Schreibtisch um... Ich suchte nach meiner Schreibfeder und dem schwarzen Tintenfass. Als ich beides in den Händen hielt schlich sich abermals dieses Gefühl von Bitterkeit und tödlicher Eleganz in meinen Hals, schnitt mir süße, schmerzende Worte in die Luftröhre... Ich fühlte einen Teil der Eitelkeit, die wohl in jedem Menschen zu schlummern schien, tief in mir verankert... und als ich das Fässchen öffnete und den Kiel der pechschwarzen Rabenfeder mit Tusche tränkte machte sich in mir die Lust breit, sie dem nächsten Menschen, der mir begegnete, in sein Rückgrat zu rammen... stattdessen setzte ich die Feder nahe meines Auges an und zeichnete meine blasse Wange hinunter und über meine Stirn hinweg eine Ranke von Schnörkeln und Rosenknospen... Die kratzende Feder schmerzte auf meiner verletzlichen Haut, doch momentan hatte ich nur das Bedürfnis, mein Verlangen nach Vollkommenheit, nach elfischer Ausstrahlung mit allen Mitteln zu befriedigen... immer mehr versank ich mich in Details, hier ein Ornament, da ein kleiner Punkt, dort ein Rosenblatt... es war mir als würden in diesem Moment sämmtliche Blumen des Edengarten aus meinem Augenlid entspringen, Knospen werfen und mich mit Weiblichkeit übersähten... In diesem Moment wurde aus mir, der kleinen Aura de Lamour, dem Kind, das ich immer gewesen war, eine kleine Dame...
Als ich mein Werk beendet hatte und nun den schwarzen, heidnischen Engel im Spiegel ansah, überkam mich ein Gefühl von Heiligkeit... Und ich wollte auf einem Feld von Buschwindröschen stehen, mit großen, prunkvollen schwarzen Flügeln und nachtblauem Heiligenschein auf meinem Kopfe. Ich wollte singen, das schönste, satanischste, grauenvollste, hellste Lied, das es nur geben könnte... Gefühlvoll und gleichzeitig monoton und leblos wollte ich klingen, dem Menschen, den ich im Abendrot in den erlösenden Tod führen wollte, mit einer syrenenartigen Stimme Gänsehaut auf den Rücken und auf die Arme zaubern, dass er sich freiwillig meiner tödlichen Umarmung hingab und mich in die Abgründe der Hölle begleitete... Noch nie hatte ich mich so himmlisch und abgöttisch zugleich gefühlt... in mir herrschte bittersüße Zerrissenheit, die mein Herz zum Beben brachte, die mich seelig machte... getrieben aus Verlangen... zurückgehalten von den Fesseln des Bösen, des Überirdischen, des Teuflischen!
Hätte ich die Hand meines Gatten Winter in diesem Moment wirklich gehalten, ich glaube ich hätte sie achtlos los gelassen... Denn ich erkannte in diesem verzaubernden Moment mein wahres Verlangen... mein Verlangen nach dem Todesengel selbst... Es war eine Sucht, die tief in meiner Magengrube entsprang und sich bis zu meinen Füßen durch meinen Körper fraß! Sucht nach einem fremden Ideal... Und plötzlich, da langweilte mich der Winter... er langweilte mich zu Tode... was ich wollte war nicht mehr Kälte allein... Was ich an der menschlichen Spezies schätzte, von diesem Moment an, war reine klare Begabung, gepaart mit Mysterie und Verschlossenheit! Es sollte ein Herz für mich zu erobern geben! Ein verschlossenes Herz... mit einer Mauer aus schwarzem Diamant darum, also beinahe unerreichbar für einen Menschen wie mich... Es war mir, als wollte ich mich dem Schmerz und der Sehnsucht gefügig machen... der unerwiederten Liebe! Doch dazu fehlte mir der Anlass... Noch!
"Aura-spätzchen!" ... Der schmerzende Schrei meiner Großtante Eliza drang zu mir nach oben... Ich fragte mich immer wieder aufs Neue, wie es möglich war eine so ätzende Stimme zu haben! Eine Stimme, die einem das Trommelfell mit unsanften, trampeligen Tönen zerriss, vergiftete! Es war geradezu eine Vergewaltigung dieses göttlichen Geschenks, das sich Stimmbänder nennt!
Entnervt wandte ich mich, mit sanftem und leicht psychopatischem Grinsen auf dem Gesicht, Richtung Tür. Ich atmete ein letztes Mal den wohltuenden Duft von Ruhe und Mysterie ein, sog die Stille und die Einsamkeit seelig in mich auf, wie eine Droge... Ehe ich die hölzerne Tür langsam aufschob und mich in meinem ungewöhnlichen Aufzug zur Treppe begab.

Alles was ich wahrnahm, als ich das Esszimmer betrat war das erschrockene Kreischen meiner Mutter. Gepeinigt kneifte ich die Augen zusammen, doch nicht aus Angst vor Ärger, sondern weil mir meine Stimmbänder beim hohen Klang ihrer Stimme förmlich schmerzten. "Mutter, ich bitte euch, schont meine Wahrnehmung!", flehte ich in provokativ sittlichem Ton. "ICH soll DEINE Wahrnehmung schonen? Kind wie siehst du aus!? Du wirst nach obern gehen und dir etwas anständiges anziehen! SOFORT!", quietschte sie giftig und tadelnd. Ihre Augenbrauen hatten sich zum Nasenrücken hin zusammengezogen und bildeten nun tiefe Zornesfalten auf ihrer, normaler Weise glatten, Haut. Ich ignorierte sie gekonnt, stahl mich an ihr vorbei durch den Türrahmen, nach drinnen, wo meine Großtante bereits am Esstisch saß, mit einer Tasse Tee in der speckigen Hand. Sie war einwandfrei wiederlich anzusehen! Unter ihrer zu eng geschnürten Korage sah ich ihre Speckpolster hervorquellen wie alten, häutigen Pudding! Ihre rotgeschminkten Wangen sahen aus wie die eines Hamsters, der sich den Vorat für einen gesamten Winter in die Backentaschen gestopft hatte! Ihre kleinen Augen konnte man kaum erkennen in ihrem außergewöhnlich runden Gesicht. Sie blitzen nur spitzfindig unter den buschigen Augenbrauen hervor, wie kleine, kotzbraune Murmeln. Das fettige, lockige Haar wallte ihr in einem wiederlichen Pissegelb-ton über die breiten Schultern. Aus den engen Halbschuhen quollen ihre wässrigen Füße hervor, wie ein Muffin, der in seiner zu kleinen Backform langsam im Ofen über den Rand quoll. Alles in allem sah sie aus wie eine überfütterte, hinterlistige Katze!
Angewiedert verkniff ich mir meinen Würgreiz und machte einen höflichen Knicks vor der fetten Dame - ehe diese ihren Tee erschrocken ausspuckte (und das sicherlich mehr als 5 Meter weit, denn letzten Endes hatte ich selbst einige Tropfen ihres stinkenden Speichels im Gesicht, den ich, einen weiteren brechreiz unterdrückend, mit einem weißen Taschentuch von meinen Wangen wischte) und mich fassungslos anstarrte.
Wunderbar... genau der Effekt, den ich mir erhofft hatte!
Leider rappelte sie sich ebenso schnell wieder, wie sie ihr Getränk durch den Raum gespien hatte... gespielt freundlich lächelte sie mich an und ihre speckigen Wangen glänzten dabei eklig fettig im Schein der Kerzen... Sie kam mir vor wie die erste weibliche Kinderschänderin...
"Hallo junge Dame! Du bist aber groß geworden!", lobte sie, immernoch das grässlich höfliche Lächeln im Gesicht. "Und schlank bist du geblieben!", stellte sie mit einem Blick auf meine Taille fest... Ich meinte ein lüsternes Funkeln in ihren Augen erkennen zu können... Ich hätte mich doch besser gewöhnlich angezogen... vielleicht hatte Großtante Eliza ja nicht nur durch Zufall keinen Mann (obwohl ich mir ebenso wenig vorstellen konnte, dass irgend ein Mann, der noch ganz bei Sinnen war, sich so ein fettes Hausschwein zur Frau nehmen würde...)! "Seltsam...", bemerkte sie spitz, "dabei isst du ja immer reichlich!" Wenn das Kritik sein sollte, bitteschön, das Spiel konnte man auch zu zweit spielen! Fette Schlange! "Im Gegensatz zu euch wachse ich eben in die Höhe und nicht in die Breite!"
Ich sah ihr Lächeln für eine Millisekunde verschwinden. Innerlich jauchzte ich vor Triumph!
Doch sie rappelte sich erneut und ignorierte mich gekonnt.
"Samantha", sprach sie nun zu meiner Mutter, "sie ist zu einem wunderhübschen Mädchen heran gereift! Kompliment, liebe Nichte!" Ich sah meine Mutter, die wütend im Türrahmen lehnte die Augen verdrehen. "Mag sein...", schnaubte sie monoton.
Großtante Eliza erhob sch und trat ein paar Schritte auf mich zu. Als sie unmittelbar vor mir stand, rümpfte ich die Nase. Sie stank! Nach Verwesung... nach altem Käse und faulem EI... nach Schweiß und nach... Fisch! Ich schluckte angeekelt!
"Aura, liebes, wie wäre es wenn du deiner Großtante etwas vorsingst? Du weißt doch wie sehr ich deine Stimme liebe!"
Ich konnte die heimliche Erregung in ihrer ätzenden Stimme genau hören!!! Sie sollte meine Stimme nicht lieben! Sie sollte nichts an mir lieben! Sie sollte mich hassen!!!!
Als sie stolz ihre schwammige Hand auf meine Schulter legte, wich ich kaum merklich etwas zurück. Ich versuchte mit aller Kraft ihre wiederwärtige Anwesenheit zu ignorieren... ohne Erfolg... Also griff ich zu meinem einzigen Ausweg!
"S... sehr gern!", stammelte ich und mein Gesicht verzerrte sich vor Ekel! Doch ich erreichte, was ich wollte... Sie nahm ihre berstige Hand von meiner Schulter! Ich würde nachher ein zweistündiges Bad nehmen, das stand jetzt schon fest! Der Gedanke allein, dass sie mich berührt hatte, brachte mich dazu, dass ich mich unglaublich schmutzig fühlte!
Ich wandte mich zu dem riesigen Flügel um, der vor dem Kamin stand. Zögernd setzte ich mich... Vielleicht konnte mich die Musik ja vergessen lassen... Aber ich wollte dieses Geschenk, diese Magie nicht mit IHR teilen! Nicht mit diesem perversen, stinkenden Hängebauchschwein!
Nach kurzer Zeit der Überwindung begann ich, die ersten Tasten anzuschlagen. Nach einem hinausgezögerten Vorspiel von mehr als 2 Minuten setzte ich mit dem Ave Maria ein. Meine Stimme hallte in dem Salon wieder, grub sich mir ins Herz und ließ mich tatsächglich etwas ruhiger werden! Ich versuchte meine Stimmbänder so sanft und glockenklar wie möglich schwingen zu lassen. Sie sollte sehen, das ich um so viel edler war als sie! Diese Schlange!
Ich fühlte ihr beider erstauntes Schweigen... Meine Mutter hörte mir nur gar zu selten beim Singen zu... Ich glaube, sie hatte mir das vorher gar nicht zugetraut. Immer höher ließ ich die Töne flattern, wie träumende Schmetterlinge... Und dann beendete ich mein Werk.
Ich legte meine behandschuhten Hände in meinen Schoß und sah verlegen auf die Tasten nieder... denn ich fühlte abermals ihre eklige schwabbelnde hand auf meinem Schulterblatt. Mit der anderen klopfte sie auf dem Flügel Beifall!
"Mutter", flüsterte ich, nun nicht mehr ganz so stolz wie zuvor... Ich hatte Angst vor Großtante Eliza! Riesige Angst! "Ich bin müde, darf ich zu Bett gehen?"
Sie nickte mir nur zu... anscheinend war sie froh, dass sie sich bald nicht mehr für meinen Anblick schämen zu brauchte!
Ich erhob mich, so gerade und steif wie irgend möglich und tänzelte mit kleinen Schritten aus dem Salon... Als ich die tür hinter mir schloss, begann ich zu rennen... Ich rannte die Treppe hinauf, über den Flur, stolperte dabei fast über den teuren Perserteppich, riss panisch die Tür zu meinem Zimmer auf und knallte sie, als ich darin war sofort wieder fest und laut zu! Mit vor Angst aufgerissenen Augen wühlte ich in meinem Nachttisch nach dem Schlüssel... Sobald ich ihn gefunden hatte schloss ich mich von innen ein... Mir war jedes Mittel recht um diesen wabbeligen Schwamm nie wieder zu sehen!! Nie nie wieder! Und wenn ich hier drinnen verhungern würde! Weinend warf ich mich auf mein Bett, fühlte, wie mein Herz raste und meine Lunge hektisch nach Luft schnappte, wie mein Brustkorb erbebte unter meinem Tränenausbruch! ich war wieder allein! Endlich allein!
Und doch sehnte ich mich in meiner wunderbaren Einsamkeit eben jetzt nach einer Schulter, an welcher ich mich ausweinen konnte...

Kapitel 4
Mitten in der Nacht wurde ich von einem eisigen Luftzug geweckt. Kalter Winterwind wehte durch mein sperrangelweit offen stehendes Fanster und brachte den Frost mit sich... die Ströme ließen auch meinen Gatten ein, der sich sofort wie ein erdrückender Schleier begierig auf mich stürzte und nach meinen Brüsten und Armen griff! Ärgerlich stieß ich ihn fort und zog meine Decke, welche über meinen Schultern lag noch weiter nach oben, bis zu meiner kleinen, von der Kälte zart geröteten Nasenspitze. Doch etwas an der szenerie war merkwürdig... ich konnte mich nicht erinnern, mich zu Bett gelegt zu haben... Ruckartig warf ich mir die Decke vom Leib und sah an mir herunter... Ich war in mein samtenes, weißes, langes Nachthemd gekleidet! Aber so weit ich mich erinnern konnte, hatte ich am Abend doch nur auf meinem Bett gelegen, mit dem Gesicht ins Kissen vergraben und nach einer Weile musste ich mich wohl in den Schlaf geweint haben... Aber ich hatte mich weder umgezogen noch zugedeckt!
Benommen von den tausenden äußeren Eindrücken, die auf mich einprasselten, erhob ich mich und taumelte schwerfällig zum Fenster. Einen Moment lang lehnte ich mich über die Fensterbrüstung hinaus und blickte die kleine Straße entlang... Tausende kleine Lichter, ausgehend von unzähligen Öllämpchen, flackerten in den Nachbarhäusern... Nur in einem nicht! Das alte efeubewachsene Gemäuer von nebenan war ebenso dunkel und trist wie immer... Ich seufzte, enttäuscht darüber, dass jenes mysteriöse Gebäude wohl leider keine ebenso mysteriösen Bewohner mehr hatte. Nach wenigen Minuten, zog ich mein Gesicht nun wieder ins Innere meines Zimmers zurück und schloss die Fensterläden. Meine Zähne klapperten von der Kälte aufeinander und das Rot meiner vollen Lippen verwandelte sich in ein kaltes Blau-violett. Noch im Selben Moment wie ich zurück unter meine wärmende Decke schlüpfte, bemerkte ich, dass die Kerze neben meinem Bett heruntergebrannt war... Ich konnte mich nicht entsinnen sie angezündet zu haben! ... ebenso wenig wie ich das Fenster bei jener klirrenden Kälte geöffnet hatte!
Wahrscheinlich war meine Mutter hier gewesen... doch dann sah ich neben der Kerze auch meinen Zimmerschlüssel liegen und erinnerte mich, mich vor jenem heftigen Tränenausbruch ja im Zimmer eingesperrt zu haben... Mir war das alles suspekt! Wäre ich damals nicht so schlaftrunken gewesen hätte ich mich wohl auf die Suche nach dem eigenartigen Spektrum gemacht, was sich nun unweigerlich auch für das Verschwinden meiner Gegenstände verantworten musste (mir war nachdem ich ins Zimmer gestürzt war das Fehlen meiner Porzellanpuppe bewusst geworden). Doch kuschelte ich mich einfach zurück in mein wohlbehütetes Bett, schmiegte mein Gesicht in die weiche wame Decke und schloss schläfrig die Lider. Während ich vor mich hindöste, meinte ich einen dumpfen Knall zu vernehmen, als landeten geschickte Füße auf dem gefrorenen Erdboden. Ich verdrängte jenes Geräusch instinktiv und gab mich meinen Träumen hin...

"Aber so glaubt mir doch Mutter! In meinem Zimmer geschehen merkwürdige Dinge! Meine Sachen verschwinden, irgendwer hat das Fenster geöffnet und eine Kerze angezündet, so glaubt mir doch!"
Unberührt stand sie in der Küche und trocknete das Geschirr ab, welches sie eben gewaschen hatte. "Du hast geschlafwandelt", sagte sie plausiebel und trocken. "Es besteht sicher kein grund zur Sorge!"
Kein Grund zur Sorge... pah! Natürlich gab es Grund zur Sorge! JEMAND HATTE MIR MEIN KLEID AUSGEZOGEN!!!! UND MICH IN MEIN NACHTHEMD GESTECKT!!!! ... Als ich am Morgen erwacht war und mich umzog, hatte ich erst einmal mit Erleichterung festgestellt, dass ich unter dem Nachthemd noch mein Korsett und meinen Unterrock trug...
Beim Gedanken daran, dass mich ein völlig Fremder halb nackt gesehen hatte errötete ich merklich und drehte mich beschämt zur Seite... es hatte einfach keinen Sinn, mit meiner Mutter darüber zu sprechen... Schließlich beschloss ich, ihr einfach recht zu geben und mich in mein Zimmer zurückzuziehen...
Am Vormittag war der Stoff geliefert worden, den ich beim Schneider bestellt hatte, um mir einen neuen Umhang zu nähen. Es war feinstes Saitan, nachtblau, bestickt mit schönen schwarzen Blumenranken.
So verbrachte ich also meinen Nachmittag damit, mir ein neues, wärmendes Kleidungsstück zusammen zu flicken. Und während ich da saß und versuchte, das Vergangene zu vergessen, drängte sich mir auf einmal ein unbekanntes Gefühl auf... Plötzlich fand ich es gar nicht mehr schlimm, dass sich irgend ein mysteriöses Wesen offensichtlich um mein Wohl sorgte... und mir gefiel der Gedanke, dass es, was immer es auch war, mich ohne mein Kleid gesehen hatte... Ich fühlte wie meine Wangen heiß wurden, als sich mir das Bild von einem mystischen, beinahe märchenhaften Schönling aufdrängte, der mich verfolgte, wo auch ich ging und stand, und der offentsichtlich alles versuchte, um mir mein Leben angenehm zu gestalten... Dass er meine Sachen dabei mitgehen ließ schmeichelte mir ebenso... offensichtlich war er von mir entzückt... oder nicht? Wie war all dies sonst zu erklären?... Er musste in der Nacht mein Fenster geöffnet haben, leise, wie eine Katze... Ich kicherte auf, wie ein verliebter Teenager (was ich ja damals auch irgendwie gewesen war). Dabei stach ich mir mit der Nadel in meinen Finger und kleine rote Tropfen von Blut fielen auf den teufen, blau-glänzenden Stoff. Ich fluchte ärgerlich! Letzten endes brachten mich meine Tagträume immer in irgendwelche minderen oder größeren Probleme...
Ich entschied die Arbeit für heute nieder zu legen und mich stattdessen meinem Klavierspiel zu widmen.
Ja... damals hatte ich noch gedacht, es wäre ein Märchen und mein Stalker ein Prinz...

(sooo das ist was ich bis jetzt so geschrieben habe. Hoffe euch gefällt meine Idee. Ich werde neue Kapis hochladen sobald welche fertig sind
lg [Aki-hime] )
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